Gedichte von Knecht Ruprecht


Gedichte von Martin Boelitz, Robert Reinick, Theodor Storm und anderen Autoren.

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Knecht Ruprecht

Draußen weht es bitterkalt,
wer kommt da durch den Winterwald?
Stippstapp, stippstapp und huckepack -
Knecht Ruprecht ist’s mit seinem Sack.
Was ist denn in dem Sacke drin?
Äpfel, Mandeln und Rosin’
und schöne Zuckerrosen,
auch Pfeffernüss’ fürs gute Kind;
die andern, die nicht artig sind,
klopft er auf die Hosen.

Martin Boelitz



Der Weihnachtsaufzug

Bald kommt die liebe Weihnachtszeit,
worauf die ganze Welt sich freut;
das Land, so weit man sehen kann,
sein Winterkleid hat angetan.
Schlaf überall; es hat die Nacht
die laute Welt zur Ruh gebracht, -
kein Sternenlicht, kein grünes Reis,
der Himmel schwarz, die Erde weiß.

Da blinkt von fern ein heller Schein. -
Was mag das für ein Schimmer sein?
Weit übers Feld zieht es daher,
als ob’s ein Kranz von Lichtern wär’,
und näher rückt es hin zur Stadt,
obgleich verschneit ist jeder Pfad.

Ei seht, ei seht! Es kommt heran!
O, schauet doch den Aufzug an!
Zu Roß ein wunderlicher Mann
mit langem Bart und spitzem Hute,
in seinen Händen Sack und Rute.
Sein Gaul hat gar ein bunt Geschirr,
von Schellen dran ein blank Gewirr;
am Kopf des Gauls, statt Federzier,
ein Tannenbaum voll Lichter hier;
der Schnee erglänzt in ihrem Schein,
als wär’s ein Meer voll Edelstein. -

Wer aber hält den Tannenzweig?
Ein Knabe, schön und wonnereich;
‘s ist nicht ein Kind von unsrer Art,
Hat Flügel an dem Rücken zart.-
Das kann fürwahr nichts anders sein,
als wie vom Himmel ein Engelein!
Nun sagt mir Kinder, was bedeut’t
ein solcher Zug in solcher Zeit? - -

Was das bedeut’t? Ei, seht doch an,
da frag ich grad’ beim Rechten an!
Ihr schelmischen Gesichterchen,
ich merk’s, ihr kennt die Lichterchen,
kennt schon den Mann mit spitzem Hute,
kennt auch den Baum, den Sack, die Rute.

Der alte bärt’ge Ruprecht hier
er pocht schon oft an eure Tür;
droht mit der Rute bösen Buben;
warf Nüss’ und Äpfel in die Stuben
für Kinder, die da gut gesinnt. - -
Doch kennt ihr auch das Himmelskind?
Oft bracht es ohne euer Wissen,
wenn ihr noch schlieft in weichen Kissen,
den Weihnachtsbaum zu euch nach Haus,
putzt wunderherrlich ihn heraus;
Geschenke hing es bunt daran
und steckt die vielen Lichter an;
flog himmelwärts und schaute wieder
von dort auf euren Jubel nieder.

O Weihnachtszeit, du schöne Zeit,
so überreich an Lust und Freud!
Hör doch der Kinder Wünsche an
und komme bald, recht bald heran,
und schick uns doch, wir bitten sehr,
mit vollem Sack den Ruprecht her.
Wir fürchten seine Rute nicht,
wir taten allzeit unsre Pflicht.
Drum schick uns auch den Engel gleich
mit seinem Baum, an Gaben reich.
O Weihnachtszeit, du schöne Zeit,
worauf die ganze Welt sich freut!

Robert Reinick



Knecht Ruprecht

Von drauß, vom Walde komm ich her;
ich muß eich sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
sah ich goldne Lichtlein blitzen,
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.
Und wie ich so strolcht durch den finsteren Tann,
da rief’s mich mit heller Stimme an:
"Knecht Ruprecht", rief es "alter Gesell,
hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
alt und jung sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruhn,
und morgen flieg ich hinab zur Erden;
denn es soll wieder Weihnachten werden!"
Ich sprach: "O lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist;
ich soll nur noch in diese Stadt,
wo’s eitel gute Kinder hat."
- "Hast denn das Säcklein auch bei dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier;
den Apfel, Nuß und Mandelkern
essen fromme Kinder gern."
- "Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
doch für die Kinder nur, die schlechten,
die trifft sie auf den Teil, den rechten!"
Christkindlein sprach: "So ist es recht;
so geh mit Gott, mein treuer Knecht!"
Von drauß, vom Walde komm ich her;
ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find!
Sind’s gute Kind’, sind’s böse Kind’?

Theodor Storm